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In einem Mediationsverfahren werden mithilfe des Mediators verschiedene Schritte auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung durchlaufen. Das Herausfinden der Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten ist dabei ein ganz entscheidender Punkt.

Wie funktioniert Mediation eigentlich?

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Wie Mediation „funktioniert“, lässt sich - stark vereinfacht - an folgendem Beispiel erklären: Eine Mutter kommt in die Küche und sieht, dass ihre Töchter heftig um eine Orange streiten. Beide zerren an der Frucht und können sich nicht einigen, wer sie bekommen soll. Um das Chaos zu beenden, packt die Mutter das Objekt der Begierde und teilt es mit einem Messer in zwei Hälften. In der Hoffnung, dass nun Ruhe herrscht, gibt sie jeder Tochter eine Hälfte - jedoch weit gefehlt! Keine der Töchter ist zufrieden mit der Hälfte und beide ziehen beleidigt in ihr jeweiliges Zimmer ab. Die Mutter versteht die Welt nicht mehr. Was ist hier schief gelaufen – was hätte die Mutter anders machen können? Ganz einfach: Hätte sie die beiden Kinder gefragt, was sie denn mit der Orange beabsichtigen, dann hätte sie erfahren, dass die eine Tochter die Orange haben wollte, um daraus Saft zu pressen und die andere nur die Schale benötigt hätte, um einen Kuchen zu backen. Es hätte also eine Lösung gegeben, mit der beide Kinder zufrieden gewesen wären - man hätte nur nach den jeweiligen Interessen fragen müssen.

In einem Mediationsverfahren werden mithilfe des Mediators verschiedene Schritte auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung durchlaufen. Das Herausfinden der Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten ist dabei ein ganz entscheidender Punkt - das Kernstück der Mediation sozusagen.

In der Mediation wird genau ermittelt, welche persönlichen Anliegen die Lösung des Konflikts erfüllen muss, damit die Streitparteien gut damit leben können. Natürlich geht man in der Regel nicht wegen eines Streits um Orangen zum Mediator, aber auch beim Streit ums Erbe, mit dem Nachbarn oder im Rahmen einer Scheidung ist es zum Finden einer guten Lösung entscheidend, auf die persönlichen Anliegen jedes Einzelnen zu schauen. Wo etwa ein Vater in einer Scheidungsmediation vehement den Standpunkt vertritt „Ich will definitiv, dass die Kinder jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag zu mir kommen und bei mir übernachten - da lasse ich mich auf keine andere Lösung ein!", hinterfragen wir in der Mediation gemeinsam, warum diese Lösung unbedingt gewollt ist, welches Interesse bzw. Bedürfnis dahinter steckt und was ihm an dem Thema so wichtig ist. Dahinter könnte etwa folgendes Anliegen stecken: "Ich möchte den engen Kontakt zu meinen Kindern behalten, möchte weiterhin intensiv an ihrem Leben teilhaben." oder "Ich habe Angst, dass meine Kinder im Laufe der Zeit mehr am neuen Partner der Exfrau hängen als an mir. Ich möchte neben der Mutter die wichtigste Bezugsperson für die Kinder bleiben." bzw. „Ich habe die Befürchtung, die Kinder könnten denken, ich habe kein Interesse mehr an ihnen, wenn ich sie nicht so oft sehe.“ usw.

Wenn man sich erst einmal klargemacht hat, was genau die jeweiligen persönlichen Anliegen sind, ist es plötzlich viel leichter, gemeinsame Lösungen zu finden, die diese erfüllen. Dann ist auch ein absolutes Festhalten an der starren ursprünglichen Forderung nicht mehr nötig und man kann Schritte aufeinander zu machen. Die Mutter der Kinder wird möglicherweise eher zu Kompromissen bereit sein, nachdem sie die Ängste des Vaters erfahren hat. Die Bedürfnisse des Vaters könnten andererseits zum Beispiel auch durch lange Aufenthalte der Kinder in den Ferien bei ihm, alle vierzehn Tage gemeinsame Wochenenden und regelmäßige spontane Besuche unter der Woche erfüllt werden. Hierbei ist zu beachten: Die individuelle Lösung wird nicht vom Mediator vorgegeben - er hilft vielmehr den Streitparteien dabei, die Lösung zu entwickeln, die am besten zu ihnen und ihrer Situation passt. Durch das Berücksichtigen der persönlichen Anliegen aller Beteiligten kann eine Situation geschaffen werden, in der es keinen Verlierer sondern nur Gewinner gibt.

Dies ist eigentlich ein ganz einfaches Verfahren, das man auch im Alltag ohne Mediator mal ausprobieren kann: Bei Meinungsverschiedenheiten einfach mal nachfragen: "Was genau ist Dir denn daran so wichtig? Warum genau willst Du das denn so unbedingt?" – und dann schauen, wie die persönlichen Interessen aller am Streit Beteiligten am Besten erfüllt werden können.

Autorin: Christina Wenz