Mediation ist ein Verfahren, das dabei hilft, Streitsituationen friedlich zu lösen. Soweit – so gut, das wissen viele. Doch darüber hinaus weiß man in der Regel sehr wenig über dieses Verfahren. Daher möchte ich mit meinem ABC der Mediation dazu beitragen, dass sich dies ändert! Auf die Idee für diesen Artikel hat mich der Beitrag das „ABC der Kommunikation“ von Joachim Hilbert gebracht, der wirklich sehr gut ist und den ich Ihnen daher nicht vorenthalten möchte. Sie finden ihn hier.
Aber fangen wir am Besten direkt an:
Allparteilichkeit
Der Mediator ist allparteilich, d.h. er ist für alle am Streit beteiligten Personen gleichermaßen da und ergreift nicht – wie ein Rechtsanwalt – Partei für eine Seite.
Bedürfnisse
Das Herausfinden der Bedürfnisse jedes Einzelnen ist ein ganz wichtiger Punkt in der Mediation. Nur wenn wir die Bedürfnisse kennen, können wir auch eine Lösung finden, die allen Beteiligten gerecht wird und gefällt.
Co-Mediation
Je nach Sachlage arbeiten Mediatoren häufig mit einem Co-Mediator zusammen – also einem zweiten Mediator.
Dies hat den Vorteil, dass zwei Personen den Verlauf des Verfahrens im Auge behalten und die Streitenden vom Fachwissen und der Erfahrung von zwei Mediatoren profitieren. Vier Augen und Ohren sehen und hören einfach mehr als zwei.
Dauer der Mediation
Die Dauer eines Mediationsverfahrens ist individuell. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass man häufig in drei bis sechs Sitzungen zu je ca. 2 Stunden schon eine gute Lösung entwickeln kann.
Eigenverantwortlichkeit
Im Mediationsverfahren handeln die Parteien eigenverantwortlich. Im Gegensatz zu einem Schlichter oder Richter gibt der Mediator keine Lösung vor. Er hilft stattdessen den Streitenden dabei, selbst die Lösung zu finden, die optimal zu ihnen passt - Mediation sieht die am Streit Beteiligten als Experten ihres Konflikts, die selbst am Besten wissen, welche Lösung zu ihnen und ihrem Leben passt. Der Mediator führt sie durch das Verfahren und unterstützt sie dabei, herauszufinden, was ihnen wichtig ist und dann ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
Mit Hilfe von Mediation sucht man nach einer friedlichen Einigung – nach einer Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Die Lösung wird in der Regel schriftlich festgehalten und von den Beteiligten unterzeichnet. Die Vereinbarung ist ein Vertrag und somit rechtlich bindend.
Freiwilligkeit
Ein Mediationsverfahren ist nur dann sinnvoll, wenn sich die Parteien freiwillig dafür entscheiden. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gilt während der gesamten Dauer des Mediationsverfahrens. Demzufolge kann jeder Beteiligte das Ganze zu jedem Zeitpunkt abbrechen.
Grenzen der Mediation
Wenn es mindestens einer Partei nur um ihr Recht geht und keine Bereitschaft zum konstruktiven Zusammensetzen und Entwickeln einer guten Lösung besteht, stößt Mediation an ihre Grenzen. Hier ist ein Gang zu Gericht mit Sicherheit sinnvoller.
Informiertheit
Um mit Hilfe der Mediation eine gerechte Lösung finden zu können, ist es unbedingt erforderlich, dass die Parteien alle entscheidungserheblichen Fakten offenlegen. Wer also an einem Mediationsverfahren teilnehmen will, muss bereit sein, alle Fakten offen auf den Tisch zu legen.
Kosten
Mediatoren verlangen meistens ein Honorar, das nach Stunden berechnet wird. In der Regel variiert es je nach Komplexität des Falles, Anzahl der Beteiligten und Themengebiet zwischen 120 und 350 Euro pro Zeitstunde. Wenn nichts anderes vereinbart ist, tragen die Beteiligten die Kosten zu gleichen Teilen.
Lösung
Mit Hilfe von Mediation sucht man nach einer friedlichen Einigung – nach einer Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Die Lösung wird in der Regel schriftlich festgehalten und von den Beteiligten unterzeichnet. Die Vereinbarung ist ein Vertrag und somit rechtlich bindend.
Medianten
Medianten nennt man die am Streit beteiligten Personen, die an einer Mediation teilnehmen – also die Klienten des Mediators.
Neutralität
Der Mediator hat eigene Wertvorstellungen und Lösungen unberücksichtigt zu lassen.
Es geht im Mediationsverfahren nicht um seine Lösung, sondern um die der Medianten.
Optionen
Ein Teil der Mediation ist die Suche von Lösungsoptionen. Hier geht man ganz kreativ vor und sammelt zunächst einmal alle denkbaren Lösungsmöglichkeiten, seien sie auch noch so abwegig –Bewertet wird hier noch nicht. Erst in einem zweiten Schritt wird geschaut, welche Lösung die Bedürfnisse aller Beteiligten am Besten berücksichtigt.
Präventive Mediation
Mediation ist auch präventiv möglich, um zu verhindern, dass Streit überhaupt entsteht bzw. eskaliert.
Recht
Oft herrscht der Irrtum, das Recht würde in der Mediation keine Rolle spielen, da man ja bewusst nicht vor Gericht zieht. Das Recht spielt aber sehr wohl in dem Verfahren eine Rolle. Bevor die Beteiligten eine Entscheidung treffen können, ist es wichtig, dass sie ihre Rechte gut kennen, damit sie auch genau wissen, worauf sie in ihrer Lösung möglicherweise verzichten. Daher wird die Rechtslage immer in einer Mediation mit einbezogen. Zwingendes Recht wie z.B. das Erfordernis einer notariellen Beurkundung oder das Unterhaltsrecht können auch mit Mediation nicht umgangen werden.
Schuld
Der Frage, wer an dem Konflikt schuld ist, wird im Mediationsverfahren nicht nachgegangen. Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem sehr zielorientiert geschaut wird, wie eine Lösung aussehen kann, mit der alle Beteiligten gut leben können. Hierbei richtet man den Blick in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit.
Themen
Zu Beginn einer Mediation legen die Parteien fest, über welche Themen sie in den Mediationssitzungen sprechen möchten. Niemand wird ein Thema aufgezwungen. Erst wenn alle Beteiligten mit einem Thema einverstanden sind, wird es auch im Mediationsverfahren besprochen.
Vorteile einer Mediation
Ein Mediationsverfahren ist meist kostengünstiger, als der Gang vor Gericht, da die Gebühr nicht nach dem Streitwert berechnet wird, sondern nach der Anzahl der Stunden, die der Mediator mit dem Fall beschäftigt ist.
Zudem bietet sie eine sehr große Lösungsvielfalt. Die Lösungen, die in einer Mediation entwickelt werden, sind so individuell wie der Einzelfall selbst. Das Ergebnis der Mediation ist immer eine individuelle Lösung, die dem eigenen Willen und der Situation entspricht. Die Beteiligten entscheiden selbst – und nicht ein Dritter wie etwa ein Richter.
Mediation führt oft sehr schnell zu einem befriedigenden Ergebnis.
Nicht zuletzt berücksichtigt Mediation nicht nur juristische, sondern auch wirtschaftliche und persönliche Aspekte.
Gut zu wissen ist auch, dass Mediation absolut vertraulich ist und im geschützten nicht-öffentlichen Rahmen stattfindet.
Win-win-Situation
Ein weiterer Vorteil von Mediation ist, dass sie keinen Verlierer hinterlässt, sondern eine Win-win-Situation schafft. Da alle Streitenden daran arbeiten, eine Lösung zu entwickeln, mit der alle Beteiligten gut leben können, gibt es in einem Mediationsverfahren nur Gewinner.
Zeitpunkt
Grundsätzlich gilt: Je früher mit einem Mediationsverfahren begonnen wird, desto besser ist es. Mediation ist wie bereits gesagt auch präventiv möglich.
Sinnvoll kann es auch dann sein, eine Mediation zu beginnen, wenn der Streit sehr komplex ist und man ihn als sehr belastend empfindet, man kein Licht am Ende des Tunnels sieht – und man den Streit ohne Gerichtsverfahren klären möchte.
Über Anregungen, Kommentare und Fragen unter diesem Artikel freue ich mich wieder sehr!
Herzlichst,
Ihre Christina Wenz
Kommentare (6)
Jana:
Sep 10, 2015 at 05:19 PM
Liebe Christina,
was für eine schöne Übersicht. Besser kann man die Mediation auf einen Blick gar nicht zusammenfassen. Danke für diese tolle Idee ein ABC zu machen.
Mit sonnigen Grüßen
Jana
Christina Wenz:
Sep 10, 2015 at 05:22 PM
Liebe Jana, herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Ich habe mich riesig darüber gefreut! :-) Als ich das ABC der Kommunikation entdeckt habe, musste ich einfach ein ABC der Mediation schreiben. Liebe Grüße zurück, Christina
Helena Schlüter:
Sep 10, 2015 at 05:51 PM
Liebe Christina Wenz, das ist ein ganz toller Artikel!!! Ich bin selber Mediatorin und erlebe es auch immer wieder, dass die Medianten bzw. die Auftraggeber nicht so gut über das Verfahren informiert sind.
Ich hätte noch Ideen, für einige Buchstaben H: Hierarchie: In der Mediation wird die Hierarchie aufgehoben, das heißt für den Mediator sind alle gleich und der Vorgesetzte z.B. bei einer innerbetrieblichen Mediation wird nicht anders behandelt. Vielleicht auch noch eine Idee zu dem Buchstaben Q. Qualität und ein Kommentar zur Ausbildung bzw. zu der Zertifizierung und / oder Zugehörigkeit zu einem Berufsverband. Als letztes noch eine kleine Ergänzung zu C. Bei den Co Mediatoren ist es für einige Mediationen entscheidend z.B. Familienmediation, das eine Frau UND ein Mann mediieren. Im interkulturellen Kontext kann es hilfreich sein, wenn die Mediatoren aus 2 unterschiedlichen Kulturkreisen kommen.
Freue mich über weitere Artikel von Ihnen.
Kollegiale Grüße aus Düsseldorf
Helena Schlüter
Christina Wenz:
Sep 10, 2015 at 05:54 PM
Liebe Frau Schlüter, herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Ich freue mich riesig über die tollen Ideen! Es gab einfach Buchstaben, zu denen ist mir tagelang nichts eingefallen und irgendwann habe ich mich dann für´s Weglassen entschieden. ;-) Aber Ihre Ergänzungen sind wirklich gut! Mit den besten Wünschen aus der Pfalz, Christina Wenz
Maike:
Sep 14, 2015 at 05:59 AM
Liebe Christina, eine tolle Idee, das ABC! (Das reimt sich sogar :-) Viel Erfolg weiterhin. Liebe Grüße Maike
Christina Wenz:
Sep 14, 2015 at 09:39 AM
Liebe Maike, herzlichen Dank für Deinen Kommentar und das Kompliment - das freut mich sehr! Liebe Grüße, Christina
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